Nitrat im Weinviertel

Vor den Toren Wiens – speziell im Marchfeld – wird so ziemlich die intensivste Landwirtschaft in ganz Österreich betrieben, zumindest beim Gemüseanbau. Die Gesamtanbaufläche von Gemüse beträgt in Österreich 17.800 Hektar, davon werden rund 10.400 ha von Niederösterreich beansprucht und im Marchfeld konzentrieren sich davon circa 7.000 Hektar (ca. 3/4tel von Niederösterreich). Mehr als die Hälfte, des im Inland produzierten Weins, wird in NÖ (Großteils im Weinviertel) hergestellt und die meisten Schafe befinden sich ebenfalls hier. Das ist auf jeden Fall ein wirtschaftlicher Motor für das Bundesland, jedoch hat die Medaille auch eine Kehrseite und diese spiegelt sich im Grundwasser wieder, dort sammelt sich nämlich Nitrat.

gemüseanbau österreich

Durch das Ausbringen von Düngemittel (z. B: Gülle, usw.) sickert das darin enthaltene Nitrat, überhaupt bevorteilt durch die lockeren Schotterböden im Marchfeld, einfach ins Grundwasser, sodass es notwendig ist, Filteranlagen zu errichten, welche das Nitrat im Grundwasser wieder verringern oder nitratarmes Wasser beizumischen. Ohne diese Filteranlagen, würde der Grenzwert (50mg Nitrat/1l Grundwasser) des Nitrats im Grundwasser circa um das Doppelte – Dreifache überschritten werden. Die Problematik wird durch den niedrigen Niederschlag in Ostösterreich nochmals verstärkt, sodass sich das Nitrat im Boden ablagert und dann bei eintretendem Niederschlag leicht ausgewaschen wird. Da das Trinkwasser hauptsächlich aus Grundwasser besteht, führt dies zu einem Problem. Nitrat kann im Körper von Bakterien zum krebserregenden Nitrit umgewandelt werden. Deswegen muss österreichweit die Nitrat-Richtlinie der EU Grenzwerte von 50 mg Nitrat auf einem Liter Grundwasser eingehalten werden.

Muss nun ständig das gesamte Wasser gereinigt werden, weil es durch Nitrat uÄ. (in der Realität befinden sich noch viel mehr suboptimale Stoffe im Wasser) belastet ist, kann man davon ausgehen, dass der Trinkwasserpreis in Zukunft ansteigen könnte.

Nitrat als Baustein des Lebens:

Für eine gute und ertragreiche Ernte braucht man jedoch Stickstoff, da es ein Baustein des Lebens ist und zum Wachsen benötigt wird. Natürlich vorkommende chemische Verbindungen von Stickstoff sind zum Beispiel Nitrate und Ammoniumsalze, die zwei Verbindungstypen kann man aus Mineralien oder durch Exkremente gewinnen. Die alten Ägypter verwendeten damals schon Kamelmist als nitrathaltigen Dünger und so werden heute genauso Exkremente (Gülle, sprich Urin und Kot) von Nutztieren als Wirtschaftsdünger verwendet.

Eigentlich ist ja das Ausbringen von Gülle im Sinne der Kreislaufwirtschaft, aber in der Tierhaltung fallen überdurchschnittlich große Mengen davon an, sodass das Verhältnis von Gülle zu Boden kippt und extrem ins Ungleichgewicht gerät. Das heißt Stickstoffe sind essentiell, aber es kommt auch darauf an, in welchen Mengen sie eingesetzt werden. Wenn zum Beispiel Gülle am Feld ausgebracht wird, nur weil sie einem überblieb, ist dies nicht wirklich vorteilhaft und nicht im Sinne des Gemeinwohls.

Was sind aber jetzt die konkreten Ursachen?

  • Gülle aus Massentierhaltung (einer der Hauptbelastungen),
  • Gärreste aus Biogasanlagen,
  • zu hohe Mengen von Kunstdünger und
  • der Umbruch von Grünland.

Die Landwirtschaft und vor Allem die Massentierhaltung und die Produktion von Billig-Fleisch, ist leider dabei, sich zur akuten Bedrohung unseres Grund- und Trinkwassers zu entwickeln. Die Situation des Landwirts ist jedoch prekär, er befindet sich quasi in der Zwickmühle. Ich möchte dem Landwirt nicht die Schuld in die Schuhe schieben, es ist sehr schwierig für ihn. Einerseits ist er dazu gezwungen, Profite zu erwirtschaften und muss sich natürlich auch den Anforderungen des Markts beugen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und andererseits befinden wir uns in einem paradoxen System; in welchem ein Produktionsüberschuss existiert, Lebensmittel tonnenweise weggeschmissen werden (obwohl Menschen verhungern), aber trotzdem weiterproduziert wird. Das Angebot übersteigt bei weitem die Nachfrage, dennoch verlangt das System nach Wachstum. Dem Bauer bleibt nichts anderes übrig, als an diesem Wettbewerb teilzunehmen, sonst betrifft ihn schon bald selbst das Bauernsterben. Die kleinen Betriebe verringern sich und die Produktion konzentriert sich bei den großen Betrieben (Monopole – Monokulturen).

Das Problem an Nitrat ist, dass vor Allem für Säuglinge und Kleinkinder Nitrat im Körper äußerst gefährlich ist, da die Sauerstoffaufnahmen im Blut behindert werden. Es gibt einige Weinviertler Gemeinden, welche Jungfamilien zwei Jahre lang kostenloses Mineralwasser zur Verfügung stellen, da der Nitratgehalt des Grundwassers zu hoch ist.

Erkennbare Trendumkehr:

Aktuell kann jeder beobachten, dass sich der Trend wieder in Richtung Bioprodukte entwickelt, was ich persönlich sehr gut finde. Mein Vorschlag wäre sowieso ein gemeindeübergreifendes Permakulturenprojekt (lt. Sepp Holzer), welches zur Selbsternte und Aufrechterhaltung bzw. Wiederkultivierung der Artenvielfalt sorgt. Marode und durch Monokultur nachhaltig zerstörte Böden können in diesem Sinne wieder rekultiviert werden.

Ursachenbekämpfung statt Symptombekämpfung:

Das Problem muss bei der Ursache erkannt und bekämpft werden, so beginnt es schon beim täglichen Einkauf des „Verbrauchers“. Mit dem Kauf von Produkten aus konventioneller Landwirtschaft unterstützt man die Überdüngung, beim Einkauf von Bio-Produkten (optimalerweise mit Demeter-Qualität) kann jeder den Einsatz von Gülle reduzieren, doch aus Preisgründen ist das in der Regel nicht der Fall. Eine weitere Ursache geht von der Massentierhaltung aus, denn dort fällt zu viel Gülle an, sodass sie kaum verwendet werden kann und lediglich verwendet wird, damit sie eben verwendet wird. In diesem Zusammenhang ist auch interessant, ob die EU-, und Ländersubventionen in Millionenhöhe für die konventionelle Landwirtschaft diese Problematik nicht nur verstärkt hat.

Kompostdüngung in Poysdorf:

Die Baum- und Rebschule Schreiber aus Poysdorf (Weinviertel) arbeitet effektiv mit der Düngung mittels Kompost. In den Obstanlagen wird im regelmäßigen Abstand Kompost ausgebracht, circa ein Kilo pro Quadratmeter, der Vorteil davon ist, dass die Nährstoffe des Komposts langsam und konstant den Pflanzen zur Verfügung gestellt werden – nicht wie beispielsweise beim Kunstdünger, wo die Nährstoffe auf einmal verfügbar sind – ein gutes Beispiel aus den empfehlenswerten Vortrag war, dass das bei uns Menschen ebenso gleich funktioniert – was ist besser – an einem Tag 10 Kilogramm Nahrung bekommen und dann einen Monat nichts mehr oder konstant jeden Tag mehrere Mahlzeiten? (Vortrag: https://www.youtube.com/watch?v=aCSJMFHCJlc)

Aktuell wurde die Artenvielfalt nachhaltig vernichtet (einer der Ursachen ist zum Beispiel: Glyphosat), Böden sind vergiftet, fast in jedem Lebensmittel befinden sich Schadstoffe, langsam muss der Mensch erwachen, um dieses Fortschreiten zu unterbinden. Das Ziel des Textes sollte sein, jeden da draußen zum Nachdenken anzuregen und bewusst zu entscheiden, auf welche Produkte man zugreift.

Falls es noch jemanden interessiert, wo sich im Weinviertel Wassermessstellen befinden, kann sich die nachfolgende Grafik ansehen:


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