Erdöl im Weinviertel

Das Erdöl im Weinviertel hat eine lange Geschichte hinter sich, die noch lange nicht vorbei ist. Besonders in den Gebieten um Prottes, Matzen und Zistersdorf sind Ölpumpen und Bohrtürme noch immer allgegenwärtig. Aber zurück zum Anfang, zur Entstehung des Öls. Vor über 100 Mio. Jahren war das Weinviertel noch vom Salzwasser eines Meeres bedeckt, auf dessen Grund sich mit der Zeit organische Materialien wie Planton ablagerten. Immer wieder wurden diese Schichten über Jahrmillionen mit Ton und Sand bedeckt, so konnte aus den organischen Resten unter Sauerstoffabschluss ein Fauschlamm entstehen.

Vor ca. 20 Mio. Jahren schließlich begann das Wiener becken “einzubrechen”, sprich es sank aufgrund gebirgsbildender Kräfte ab und setzte die Schichten aus Faulschlamm so unter großen Druck und Temperatur (500 bar und über 150°C). Damit begann die Entstehung von Erdöl und Erdgas und in den folgenden Jahrmillionen der Erdgeschichte bildete sich im Weinviertel mit dem Ölfeld Matzen das größte zusammenhängende Ölfeld auf europäischem Festland. Es ist ca. 100 Quadratkilometer groß und führt Öl und Gas auf 20 Schichten unter einander.

Historische Bedeutung des Öls

Die Bedingungen für die Öl- und Gasförderung sind im Weinviertel also sehr gut, so wurde 1915 und 1917 mit den ersten Bohrungen bei St. Ulrich an der Zaya und Raggendorf begonnen, sie blieben jedoch ohne Erfolg. 1930 dann gelang der erste Erdölfund mit der Bohrung Windisch-Baumgarten 1, jedoch mit geringer Fördermendge. Erst 1934 gelang die erste wirtschaftliche Bohrung mit Gösting 2, hier konnten 30 Tonnen Rohöl am Tag gefördert werden. Auch wenn sich das schon nach viel anhört, so wurde das Jahresfördermaximum erst 1955 mit 3,66 Mio. Tonnen erreicht. Zu dieser Zeit war der Bedarf an Erdöl und Erdgas in Österreich durch die Eigenproduktion gedeckt – ein einmaliger Zustand.

Das zeigt wie wichtig die Öl- und Gasvorkommen im Weinviertel für Österreich waren und sind, wobei ihnen im Zweiten Weltkrieg eine besonders wichtige Rolle zukam. Hier war das Zentrum der Deutschen Ölgewinnung und Zistersdorf verfügte gegen Ende des Krieges über die letzten funktionierenden Ölfelder des Deutschen Reichs. Der Ort wurde deshalb auch mit allen Mitteln von den Deutschen verteidigt, jedoch fiel er schlussendlich an die Sowjets, nicht aber bevor sämtliche Ausrüstung und Arbeiter fort gebracht waren. Aus der Sowjetuninion wurde dann aber neue Ausrüstung geliefert und die Ausbeutung der Ölfelder setzte fort.

Die Bohrungen verliefen bei weitem nicht immer ohne Probleme: Bei der Aufschließung des Feldes Matzen kam es immer wieder zu Gas- und Schlammausbrüchen, welche nicht nur die umliegenden Felder und Weingärten beschmutzen, sondern auch große Krater hinterließen, in denen oft ganze Bohrtürme versunken sind. 1955 führten Ausbrüche am Mühlberg zu lange anhaltenden Erdbeben und Feuern, welche oft Monate lang brannten, bis die Bohrlöcher zusammenbrachen.



Die guten und die weniger guten Seiten

Die Öl- und Gasförderung im Weinviertel kann also mit gemischten Gefühlen betrachtet werden. Einerseits war sie für die Wirtschaft ein riesiger Gewinn und Arbeitsplätze waren vergleichsweise sehr gut bezahlt. Außerdem ermöglichten die unzähligen Bohrungen, insbesondere die Übertiefbohrungen in den 80er Jahren, einzigartige geologische Einsichten. Andererseits hat sich aufgrund der Erdölindustrie das Landschaftsbild vieler Gemeinden dauerhaft verändert, früher wegen der Bohrtürme, heute sind es die Ölpumpen und die vielen OMV-Straßen. Was darüber hinaus heute nicht mehr zu sehen ist, sind die aufgrund der Kettenfahrzeuge, welche zum Bewegen der Ausrüstung verwendet wurden, teils völlig zerstörten Straßen in den Nachkriegsjahren – es blieben nur Bahnen aus Schlamm, da Straßen noch nicht asphaltiert waren.

Heute neigen wir uns immer mehr einem Versiegen der großen Öl- und Gasvorkommen zu, deshalb hat man für die ausgeförderten Gasfelder bereits eine neue Verwendung gefunden: Die leeren Holräume können als Speicher verwendet werden. Die Gesamtspeicherkapazität dieser Lager beträgt in Österreich etwa 7 Mrd. Kubikmeter, damit ist der Jahresbedarf an Erdgas nahezu gedeckt.

Für interessierte empfielt es sich den Erdöllehrpfad in Prottes zu besuchen, hier sind zahlreiche Maschinen und Instrumente für die Ölförderung ausgestellt. Noch mehr Infos zum Thema Erdöl im Weinviertel findet ihr im Buch „Öldorado Weinviertel“ von Dr. Gerhard Ruthammer.

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